Treppenkäfer-Taufe „Pfadhüpfer“

Wir schreiben das Jahr 2024 und an der Frauenbergtreppe in Nordhausen, meiner Geburtsstadt, steht ein weiterer Treppenkäfer: der PFADHÜPFER. Ende August fand beim jährlichen Nordhäuser Treppenfest die Taufe der Bronzeskulptur statt.

Ein Treppenkäfer, gestiftet von Helga Mühler (✝︎) für die Pfadfinder „Nordhäuser Grashüpfer“. Doch, wie kommt es zu diesem Namen? Es ist ein altes Märchen, eine Legende, die ich euch erzähle…

Es war einmal… vor langer, langer Zeit… …damals schrieb man das Jahr 1991.
Es war inmitten einer großen Zeitenwende, als sich eine kleine Gruppe wackerer Nordhäuser Bürger aufmachte, die Welt zu verändern. Das nämlich war nötig geworden. Nach vielen, vielen Jahren des Dornröschenschlafes war diese kleine, sehr alte Stadt plötzlich in einer neuen Zeit erwacht. Menschen begannen zu hetzen und immer mehr zu arbeiten, um reich und berühmt zu werden. Die Zeit, sich mit ihren Kindern zu beschäftigen, mit ihnen zu spielen und ihnen das Leben zu erklären, wurde immer knapper. Unsere kleine Gruppe wackerer, mutiger Nordhäuser beriet sich nun, wie sie Kindern in dieser neuen, turbulenten Zeit helfen könnten, selbständig, mutig, klug und stark zu werden und dabei auch noch Freude und Spaß zu haben und neue Freunde kennen zu lernen. Ihr wisst natürlich alle, dass Kinder früherer Zeiten von Hexen gefangen, um sie später zu verspeisen, in hohe Türme weggesperrt oder gar von Rattenfängern entführt wurden. Solch ein furchtbares Schicksal sollte die Nordhäuser Kinder nicht ereilen. Unsere eingeschworene Gruppe grübelte und überlegte lange und gründlich, wie sie die Kinder ihres Städtchens schützen könnten. Damals hatten sie sich auf Wanderungen in der Rüdigsdorfer Schweiz beraten, denn sie wanderten gern. Es war ein wunderbarer Sommer und überall wimmelte und bimmelte… nein, es „bimmelte“ nicht, zirpte es. Hatte es wohl jemals so viele Grashüpfer gegeben? Das musste ein Zeichen sein!So wie den Grashüpfern sollte es den Nordhäuser Kindern gehen: sie sollten hüpfen dürfen, statt sich plagen zu müssen oder vor flimmernden Kisten gefesselt zu hocken, die man Fernseher nannte. Sie sollten sich in der freien Natur zurecht finden können, damit sie den Weg nach Hause zurück fänden, falls sie von Rattenfängern entführt würden. Sie sollten wissen, wie man Feuer macht, wenn Eisköniginnen alles herum erfrieren ließen.Sie sollten Fährten lesen können, damit sie nicht vom Wolf verspeist werden würden. Sie sollten im Grase spielen dürfen, anstatt sich auf Betonspielplätzen langweilen zu müssen. Und sie sollten Freunde finden, Abenteuer erleben – genauso wie die vielen Grashüpfer im Sommer 1991. Unsere wackeren Nordhäuser gründeten einen Bund, und der Name geboren: Die „Nordhäuser Grashüpfer“ wollten sie sich nennen.Es glich einem Zauber: die Kinder, die diesem Bund angehörten, wurden plötzlich zu fröhlichen Kindern, sie wanderten gerne und sangen, sie engagierten sich gern, waren hilfsbereit und kannten sich in der Natur aus. Andere Städte schielten neidisch auf die „Nordhäuser Grashüpfer“- welcher wunderbare Zauber beherrschte wohl diese Stadt, dass sie so besondere Kinder hervorbrachte? Es war kein Zauberer am Werk und keine gute Fee – es waren und sind Menschen, die sich für die Kinder ihrer Stadt interessieren und mit ihnen Zeit verbringen. Und damit es nicht in Vergessenheit gerät für alle zukünftigen Kinder, Enkel, Urenkel und Ururenkel, wie wichtig es ist, Pfadfinder zu sein, sehen wir hier den „Nordhäuser Grashüpfer“, der die Natur studiert, der wissbegierig ist und lernt – von Pflanzen, Tieren und Treppenkäfern, damit er die Natur schützen und bewahren kann (auch die Rüdigsdorfer Schweiz), damit auch die nächsten Generationen von Kindern noch vom gleichen wunderbaren Zauber geschützt werden, dass sie draußen Abenteuer mit Freunden erleben dürfen.

Helga Mühler, eine einfache, sehr liebe Frau aus Nordhausen, die keine eigenen Kinder hatte, unterstützte die Pfadfinderarbeit in Nordhausen. Wir sind berührt, dass sie nach ihrem Tod eine Spende für die Pfadfinderarbeit hinterließ. Wir hoffen, ihr würde der Treppenkäfer „Pfadhüpfer“ gefallen.

Gegossen wurde der Treppenkäfer in der Werkstatt für Bronzeguss Rieke in Worpswede. Vielen Dank für Beratung, Unterstützung, Hilfe und hervorragende Qualität an dieser Stelle. Das Treppenkäfer-Lied stammt von mir und beschreibt in mehreren Strophen die Nordhäuser Treppen. Gesungen und begleitet wurde es in einer Spontan-Telefonaufnahme von Jule Zemke.